Als Domprediger in Metz bekleidete Louis Pinck kurz nach 1900 ein
wichtiges Kirchenamt und war außerdem journalistisch tätig. Als er in
dieser Funktion öffentlich die kaiserlich-deutsche Obrigkeit
kritisierte, wurde er in die kleine lothringische Ortschaft Hambach
versetzt. Plötzlich einfacher Gemeindepfarrer, fand er eine neue
Berufung darin, Volkslieder seiner Heimat zu sammeln. Als gebürtiger
Lothringer und Pfarrer gelang es ihm, durch persönliche Kontakte, durch
die Vermittlung von Vertrauenspersonen und Zeitungsaufrufe Verbindung zu
einer Vielzahl von Gewährsleuten aufzunehmen, die ihm die damals noch
bekannten Volkslieder vorsangen oder ihm handgeschriebene Liederhefte
überließen.
Das Ergebnis seiner Sammlertätigkeit ist von 1926 bis 1939 in vier
Bänden unter dem Titel "Verklingende Weisen" erschienen. Jeder Band
enthält einhundert Lieder, Liedvarianten und Anmerkungen. Da die
Erstveröffentlichung erfolgte, als Lothringen nach dem ersten Weltkrieg
wieder französisch geworden war, nahm Louis Pinck nur solche Lieder in
seine Sammlung auf, die bereits vor 1870 gesungen worden waren.
Die Verklingenden Weisen geben kein Repertoire wieder, das allein
spezifisch für Lothringen wäre. Viele der Lieder sind in
unterschiedlichen Varianten weithin im deutschsprachigen Raum gesungen
worden. Dies belegt unter anderem eine Volksliedsammlung, die rund
dreißig Jahre zuvor auf der deutschen Seite der Grenze entstanden ist
(John Meier "Volkslieder von der Mosel und Saar", 1896). So verbinden
die hier zusammengetragenen Lieder Menschen über Ländergrenzen und
Zeiten hinweg.
In den Jahren 1962 und 1963 wurden die Verklingenden Weisen durch den
Bärenreiter-Verlag aus Kassel in unveränderter Form neu aufgelegt. Heute
sind sie in gedruckter Form nur noch antiquarisch erhältlich. Eine
Auswahl von zwanzig Liedern ist 2014 unter dem Titel ""Hör an mein Stimm
- Wiederentdeckte Volkslieder" (ISBN 978-3-7347-3193-8) neu erschienen. (Text: Klaus Eckhardt / Erledanz)
"Denn bei den Dorfburschen war derjenige der Held, der die meisten
Lieder wusste. Wenn sie beisammen waren, lernte einer die Lieder vom
andern, und sie gingen oft kilometerweit, um ein neues Lied zu lernen.
)
Louis Pinck VERKLINGENDE WEISEN (1926): Band 1, S. 275
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